Fahrrad Sitzposition

Mit der richtigen Sitzposition Spaß am Radfahren haben

Eine falsche Sitzposition ist der häufigste Grund, warum Fahrradfahren keinen Spaß macht. Im Rücken zwickt’s, am Gesäß drückt’s, die Knie schmerzen oder die Hände schlafen ein. Eine Auswertung von mehr als 1.500 Fragebögen der Sporthochschule Köln ergab, dass rund 50 Prozent aller Befragten über Rückenprobleme und Sitzbeschwerden beim Radfahren klagen. Das betrifft laut Umfrage alle Altersgruppen. Zu tief, zu hoch, zu krumm oder zu gestreckt – eine falsche Sitzhaltung sorgt für Frust am Rad. Beschwerdefrei Radfahren fängt schon bei der Wahl des Fahrrads an.

Erster Schritt: das richtige Fahrrad

Hollandrad Sitzposition

Aufrechte Sitzposition bei einem Rückenwinkel von circa 90 Grad. Der Sattel trägt rund 90 Prozent des Körpergewichts, weshalb Fahrradsättel bei Hollandrädern etwas breiter, gut gepolstert und oft gefedert sind. Bei längerer Fahrt erhöht sich der Druck im Gesäßbereich, was zu Druckbeschwerden führen kann. Die Sitzposition am Hollandrad eignet sich daher bevorzugt für kurze Strecken oder gelegentliche Sonntagstouren.

Citybike Sitzposition

Beim Citybike beträgt der Rückenwinkel rund 60 Grad. Die Sattelbreite und Sattelpolsterung ist auf die erhöhte Last im Bereich des Gesäßes ausgelegt. Der Oberkörper ist weiter nach vorne geneigt als beim Hollandrad. Das erlaubt eine effizientere Kraftübertragung auf die Pedale.

Trekkingbike Sitzposition

Typisch für Trekkingräder ist ein Rückenwinkel zwischen 40 bis 50 Grad. Durch die weiter nach vorn gebeugte Sitzhaltung wird der Gesäßbereich entlastet und erlaubt dadurch die Verwendung eines etwas schmaleren Sattels. Allerdings werden die Hände, Arme und Schultern stärker belastet. Ergonomische Griffe tragen zur Entlastung bei. Optional auch Lenkerhörner, die vielseitige Griffstellungen erlauben.

Die Sitzposition ist passend für Vielfahrer, Pendler und Tourenfahrer, die oft eine längere Zeit ohne Zwischenstopp auf dem Fahrrad sitzen.

Rennrad Sitzposition

Beim Rennrad spielt weniger der Komfort als vielmehr die Effizienz bei der Kraftübertragung sowie der aerodynamische Aspekt eine wichtige Rolle. Durch regelmäßiges Training und eine gut ausgebildete Muskulatur lassen sich Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, des Gesäßes und des Nackens vermeiden.

Mountainbike

Bei Mountainbikes variiert die Sitzposition je nach Bike-Typ. Auf einem Race-Hardtail nehmen Biker eine deutlich sportlichere Sitzposition ein als beispielsweise bei einem Enduro- oder All-Mountain-MTB. Bei diesen MTBs ist eine gute Downhill-Performance und Fahrsicherheit in rauem Gelände gefragt.

Zweiter Schritt: die Rahmenhöhe

Ein wichtiger Faktor, um ein Fahrrad richtig einzustellen, ist, sich beim Kauf eines Fahrrads für die richtige Rahmengröße zu entscheiden. Bei jedem Fahrradmodell stehen in der Regel mehrere Rahmenhöhen zur Auswahl. Zur Berechnung der passenden Rahmengröße braucht es die Schrittlänge durch das Messen der Innenbeinlänge.

Um die richtige Schrittlänge zu ermitteln, werden am besten Schuhe und die Hose ausgezogen. Barfuß stellt man sich mit dem Rücken an eine Tür oder Wand. Anschließend wird ein Heft oder ein Buch in den Schritt geklemmt, möglichst weit nach oben. Mit einem Zollstock oder Maßband misst man vom Boden bis zur Oberkante des Buches die Schrittlänge.

Je nach Bike-Typ gibt es unterschiedliche Formeln:

Mountainbike: Schrittlänge x 0.57
Citybike, Crossbike oder Trekkingbike: Schrittlänge x 0.67
Rennrad: Schrittlänge x 0.66

Bei einer Schrittlänge von 87 cm wird bei einem Trekkingbike eine Rahmengröße von 58 cm benötigt. Beispiel: 87 x 0.67 = 58,29 cm. Bei einem Tourenfahrrad kann der Rahmen auch geringfügig größer sein. Bei einem Urban-Bike, wo Agilität im Stadtverkehr im Vordergrund steht, kann eine kleinere Rahmengröße gewählt werden. Diese Formeln dienen nur als Anhaltspunkt und bieten keine absolute Sicherheit für die richtige Rahmengröße.

Alternativ dazu bieten sich praktische Methoden an. Herren können bei einem Trekkingbike mit Diamantrahmen in das Rad steigen. Wenn Radfahrer über dem Zentralrohr stehen können, ohne das ein Druck zu verspüren und etwa bis zu 5 cm Spielraum gegeben ist, stimmt die Rahmenhöhe. Bei einem Fahrrad mit tiefem Durchstieg lässt sich diese Messmethode natürlich nicht anwenden.

Dritter Schritt: Einstellungen vornehmen

Nachdem ein passendes Fahrrad mit der richtigen Rahmengröße gekauft wurde, lassen sich individuelle Einstellungen für eine ergonomisch optimale Sitzposition vornehmen.

Wer Einstellungen für eine angenehme Sitzposition vornimmt, der beginnt normalerweise beim Sattel. Bei einigen Fahrrädern lässt sich die Sattelhöhe bequem mittels Schnellspanner verstellen. Je nach Modell kann dazu auch ein Ring- oder Inbusschlüssel erforderlich sein.

Sattelhöhe

Auch für die Höhe des Sattels gibt es anhand der Körpergröße beziehungsweise Innenbeinlänge Formeln für die Justierung:

Lemond-Methode: Schrittlänge x 0.883
Hügi-Formel: Schrittlänge x 0.885

Bei beiden Methoden ergibt das Resultat die Entfernung von Tretlagermitte bis zur Oberkante des Fahrradsattels. Beide Formeln berücksichtigen jedoch nicht die individuellen Anforderungen eines Radfahrers. Die richtige Sattelhöhe ist in der Praxis dann gegeben, wenn der Fahrer auf dem Rad mit der Ferse am Pedal mit durchgestrecktem Knie sitzt. Der Boden kann noch mit den Zehenspitzen erreicht werden. Alternativ bietet sich eine weitere Möglichkeit. Der Fahrer stellt sich in Höhe des Tretlagers neben das Rad. Danach in die Knie gehen, bis der Sattel in der Achselhöhle liegt. Jetzt wird der Arm in Richtung Tretlagerachse ausgestreckt. Die Spitze des Mittelfingers sollte die Tretlagerachse knapp erreichen.

Beide Beispiele werden jedoch kaum bei Citybikes angewendet. Meist wird die Sitzposition beziehungsweise Sitzhöhe so gewählt, dass beide Zehenspitzen problemlos den Boden berühren können. Dadurch ergibt sich ein sicheres Fahrgefühl mit dem Stadtfahrrad oder Hollandrad beim Fahren im Stop-and-go-Verkehr.

Sattelneigung

Der Sattel sollte für eine komfortable Sitzposition in eine waagrechte Position gebracht werden. Dazu bietet sich die Vermessung z.B. mit einer Wasserwaage an. Zeigt die Sattelspitze nach unten rutscht der Fahrer nach vorne und der Druck auf Arme und Handgelenke nimmt zu. Zeigt die Sattelnase nach oben, kippt das Gesäß nach hinten. Zudem kann eine nach oben zeigende Nasenspitze zu Druckbeschwerden führen.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen wie bei der Nutzung einer Parallelogramm-Sattelstütze, die nach hinten wegfedert. Das lässt sich mittels der Sattelneigung für mehr Komfort ausgleichen. Am besten beginnen Radfahrer mit einer waagerechten Stellung und nehmen je nach individuellen Vorlieben Änderungen vor.

Lenkerhöhe einstellen

Die Lenkerhöhe kann meist mittels Inbusschlüssel angepasst werden. Wird der Lenker höher gestellt, wird die Sitzposition aufrechter und die Fahrt komfortabler auf den ersten Kilometern. Ein niedrig eingestellter Lenker bringt den Fahrer in eine sportliche Fahrposition, die vor allem bei längeren Fahrten von Vorteil ist. Bei Citybikes steht der Lenker in der Regel höher als der Sattel, um auf Kurzstrecken eine gute Übersicht zu bewahren und einen hohen Sitzkomfort vorzufinden. Anders verhält es sich bei Race-Mountainbikes, Gravel-Bikes oder Rennrädern, bei denen der Sattel in der Regel auf Lenkerhöhe eingestellt ist. Grob lässt sich die Lenkerhöhe in drei Kategorien unterteilen:

Komfortposition:
-Lenker steht höher als der Sattel

Sitzposition für Alltag und Touren:
-Sattel befindet sich in etwa auf gleicher Höhe mit dem Lenker

Sportive Lenkerposition:
-Sattel ist höher als der Lenker

Lenkervorbau

Der Vorbau verbindet Lenker und Lenkrohr bzw. die Gabel. Die Vorbauten unterscheiden sich sowohl vom Winkel her als auch in der Länge. City- und Trekkingbikes verfügen teilweise über einen neigungsverstellbaren Vorbau. Das erlaubt eine Feinjustierung der Sitzposition ohne aufwendige Montagearbeiten. Richtig oder falsch gibt es nicht, denn bei der Einstellung des Vorbaus und der daraus resultierenden Sitzposition ist der Wunsch des Radfahrers ausschlaggebend.

Bei Mountainbikes ist auch die Vorbauhöhe ein wichtiger Faktor. Bei einem tiefen Vorbau verlagert sich der Schwerpunkt nach vorne. Dadurch verbessert sich die Steigfähigkeit, erhöht jedoch bergab die Überschlaggefahr. Für mehr Fahrsicherheit bergab sorgt ein hoher Vorbau.

Ob ein hoher oder tiefer Vorbau für eine optimale Sitzposition gewählt wird, ist zudem stark vom Körperbau des jeweiligen Fahrers oder der Fahrerin abhängig. Bei Damen, die oft längere Beine aber einen kürzeren Oberkörper haben, empfiehlt sich ein hoher Vorbau. Bei langem Oberkörper mit kurzen Beinen ist ein niedriger Vorbau die bessere Lösung.

Fazit:

Mit dem teuersten Fahrrad bereitet die Tour keine Freude, wenn die Sitzposition nicht auf die persönlichen Körpermaße und Vorlieben abgestimmt wird. Machen sich bereits nach wenigen Kilometern Schmerzen breit, liegt dies nicht am Fahrrad, sondern an der unzureichenden oder falschen Einstellung der Sattelhöhe, Lenkerhöhe und oder anderer Komponenten. Etwaige Sitzprobleme können bereits im Vorfeld ausgeschlossen werden, indem zu Beginn festgelegt wird, in welcher Position man sich am wohlsten auf dem Fahrrad fühlt.