Cyclocross Fahrrad & Gravelbike – ganzjährig durchs Gelände flitzen

Jedes Jahr im Spätherbst das gleiche Bild: Der erste Schnee fällt, die Rad-Saison ist zu Ende, auf den einschlägigen Sportkanälen laufen neben Skispringen und Fußball höchstens noch Wiederholungen von Saisonhighlights wie der Tour de France. Doch halt, was ist das? Ein Cyclocross Rennen – live übertragen – lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf etwas ganz Neues: intensiver Wettkampf jenseits der Straße. Der Crosssport ist traditionell besonders in Belgien und den Niederlanden äußerst populär. Aber auch in Deutschland finden vereinzelt Rennen statt. Das Cyclocross Bike und das verwandte Gravel Bike schließen eine Lücke, die durch das weniger agile Mountainbike seit den 80er Jahren nur unvollständig geschlossen wurde: rasanter, ganzjähriger Sport ohne Gelände- oder Wetter-Limit. Doch worauf muss man beim Kauf eines Bikes achten? Welche Pedale und Cyclocross-Schuhe kommen infrage? Und überhaupt: Cyclocross – was ist das? Der folgende Blogtext liefert Antworten.

Cross is Boss – die Revolution im Profiradsport verändert den Freizeitbereich

Die Namen Mathieu van der Poel und Wout van Aert stehen für eine neue Generation von Topathleten im Radsport. Beide – der Holländer und der Belgier – sind im Crosssport groß geworden, haben dort zahlreiche Erfolge errungen und stellen durch ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten die Selbstverständlichkeiten im Rennradsport infrage. Als Cyclocrosser sind sie in der Lage, Leistungsspitzen länger zu tolerieren als die auf der Straße beheimatete Konkurrenz. Kein Wunder also, dass immer mehr Radprofis ihre Straßen-Räder hin und wieder im Keller lassen, um stattdessen mit einem Crosser auf unbefestigten Wegen zu trainieren. Das Cyclocrossrad eignet sich perfekt für brutales Training im leichten Gelände und ist auf diesem Terrain sogar dem MTB überlegen, da es aufgrund seiner Geometrie und der schmaleren Reifen deutlich schneller ist.

Cyclocross – was ist das? Eine Sportart mit beträchtlicher Historie!

Der Wettkampfsport Cross oder Querfeldein blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits vor mehr als 100 Jahren kamen findige Leute auf die Idee, breite Profilreifen auf Räder zu montieren, um diese geländetauglich zu machen. Denn darum geht es bei einem Cyclocross Bike: Spaß auf Waldwegen, Feldwegen und Schotterwegen. Auf Rundkursen treten in den Benelux-Staaten jedes Wochenende bekannte Profis in einstündigen Rennen gegeneinander an. Und natürlich dient das Querfeldein-Rad auch als Trainingsgerät für Fahrer, die im Winter keine Lust haben, immer nur auf der Rolle zu trainieren. In den 70er, 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hätte übrigens niemand in Deutschland die Frage „Cyclocross – was ist das?“ gestellt: Damals kannte jedes sportbegeisterte Kind die deutschen Heroen in der Disziplin Cross. Mike Kluge, Klaus-Peter Thaler, Rolf Wolfshohl.

Cyclocross vs. Gravel – der Rahmen macht den Unterschied

Im Vergleich zum etwas komfortableren Gravel Bike besitzt der sportliche Cyclocrosser eine dynamischere Rahmen-Geometre. Das Steuerrohr des Gravel Bikes ist länger, wodurch der Fahrer aufrechter sitzt. Gravelbikes gibt es erst seit gut fünf Jahren. Sie stammen aus den USA – einem Land, in dem die Straßen oft genug recht gefährlich für Radfahrer sind. Deshalb macht es gerade in den USA (aber auch in Europa) durchaus Sinn, den unsicheren Straßen adieu zu sagen und stattdessen auf sicheren Schotterwegen zu trainieren („Gravel“ ist das englische Wort für „Schotter“).

Abgrenzung zum Rennrad

Die Übergänge zwischen Rennrad und Cyclocross Bike sind fließend. Nicht immer sind die Unterschiede auf den ersten Blick erkennbar. Allerdings haben die meisten Crossbikes ein etwas kürzeres Oberrohr als Rennräder. Dadurch punkten sie im Gelände durch mehr Wendigkeit. Neben dem kürzeren Radstand und dem etwas komfortableren Rahmen sind die breiteren Fahrradreifen ein weiteres Unterscheidungsmerkmal. Gravel Bike und Crosser sind zudem mit kleineren Übersetzungen als Rennräder versehen. Häufig verfügen sie – wie ein MTB – über eine Einfach-Kurbel. Da das Querfeldein-Rad bei Laufpassagen im Rennen getragen werden muss, ist außerdem die Unterseite des Oberrohrs abgeflacht, wodurch es sich besser tragen lässt.

Gemäßigt oder aggressiv – als Crossfahrer hat man die Wahl

Gravel Räder sind nicht nur im Winter eine Option. Die gemäßigte Geometrie bewährt sich auch bei schönem Wetter – zum Beispiel bei mehrtägigen Bikepacking-Touren. Cyclocrosser sind im direkten Vergleich deutlich aggressiver gestaltet und wie gemacht für kurze, intensive Trainingseinheiten. Mit Null cm Federweg und 33 mm breiten Fahrradreifen schult man automatisch die Steuerfähigkeiten und die Reaktionsschnelligkeit. Diese Eigenschaften helfen natürlich auch in anderen Disziplinen weiter – nicht nur in einem „richtigen“ Cyclocross Rennen.

Pedale und Schuhe – ein wichtiges Thema

Gravelbike und Cyclocross-Schuhe müssen vor allem eines sein: robust und widerstandsfähig. Denn schließlich finden die Trainingseinheiten und die Rennen zum Teil unter extremen Witterungsbedingungen statt. Als ideales Pedalsystem fürs Cyclocross Fahrrad gelten Klick-MTB-Pedale, die eine blitzschnelles Einrasten und Lösen ermöglichen. Auf dem Markt sind außerdem spezielle Gravelschuhe erhältlich, die mit 2-Loch-SPD-Cleats kompatibel sind. Ansonsten eignen sich auch MTB-Schuhe für die Laufpassagen im Cross-Rennen.

Welche Reifen für Cyclocross – Draht-, Falt- oder Tubelessreifen?

Fast noch wichtiger als die Cyclocross-Schuhe ist bei einem Cyclo Cross Bike die Bereifung, Als Fahrer hat man die Wahl zwischen Faltreifen, Drahtreifen und schlauchlosen Tubeless Reifen. Faltreifen sind sehr leicht, bieten aber weniger Pannenschutz als Drahtreifen und Tubeless-Modelle. Am preisgünstigsten sind Drahtreifen. Den geringsten Rollwiderstand entfalten Tubeless Fahrradreifen, da die sonst übliche Reibung zwischen Fahrradreifen und Schlauch konstruktionsbedingt wegfällt.

Die Reifenbreite hat großen Einfluss auf die Fahreigenschaften

Die Breite des Reifens bestimmt bei einem Cyclocross Fahrrad maßgeblich, wie schnell der Fahrer in flachen und abschüssigen Passagen vorankommt. Profis fahren mit 33 mm Fahrradreifen – breitere Modelle sind laut UCI-Reglement nicht gestattet. Crossreifen sind somit deutlich schmaler als Gravelbike-Reifen mit einer Breite von 42 mm oder mehr.

Welches Profil sollte man wählen?

Während klassische Rennradreifen so gut wie überhaupt kein Profil aufweisen, benötigt man im Gelände logischerweise Reifen mit einer gewissen Profilierung. Zur Auswahl stehen Semislicks (geeignet für harten Untergrund), Allroundreifen (bieten eine akzeptable Traktion und einen geringen Rollwiderstand) sowie Matschreifen (wie der Name schon sagt: grobe Profilierung für Fahrten durch Schlamm, Matsch und Schnee). Welches Profil man für sein Cyclo Cross Bike wählt, hängt in erster Linie vom Untergrund ab. Spikes sind übrigens – entgegen der Annahme mancher Laien – eher kontraproduktiv und nicht zu empfehlen. Beim Reifendruck sollte man sich an Profis wie van der Poel und van Aert orientieren – auf keinen Fall mehr als 3 bar.

Was ist bei der Kleidung zu beachten?

Grundsätzlich gilt: Beim Querfeldein-Fahren entscheiden die Temperatur sowie die Luftfeuchtigkeit darüber, was man anziehen sollte. Wind- und wasserdichte Radhandschhe gehören ebenso zur Pflichtausstattung wie der Schlauchschal, das Langarm-Thermo-Trikot und dicke Socken. Bei – 5° oder weniger sollte man sich auf dem Cyclo Cross Bike nicht davor scheuen, eine lange Unterhose aus Merino-Wolle sowie zusätzliche Überziehhandschuhe zu tragen. Für Cyclocross Rennen gibt es darüber hinaus spezielle, hautenge Speed- oder Race-Suits.

Übung macht den Meister – im Wettkampf und im Alltag

Im Vergleich zum Rennrad-Fahren ist das Fahren mit dem Gravelbike oder Cyclocross Fahrrad eine weitaus technischere – manche würden sagen: kompliziertere – Angelegenheit. Bedeutet im Umkehrschluss: Durch ständiges Üben sind innerhalb von ein bis zwei Jahren enorme Fortschritte zu erzielen. Man gewinnt an Sicherheit in Kurven und Abfahrten, wird reaktionsschneller und tut sich insgesamt leichter damit, eine optimale Linie zwischen Wurzeln und Steinen zu finden – was nicht zuletzt riesigen Spaß macht. Als Anfänger sollte man deshalb unbedingt am Ball bleiben und sich kontinuierlich weiterentwickeln.