Ob ein Touren-Hardtail oder All-Mountain-Fully: Die Facetten der Geländegänger sind vielschichtig und für Einsteiger oft unübersichtlich. Wir von RADONLINE durchleuchten die Geschichte des Mountainbikes und erklären euch in unsere Serie die einzelnen Unterschiede.

Das Mountainbike – ein sportiver Allrounder für unterschiedliche Einsatzzwecke

Das Mountainbike, oder auch Geländefahrrad, ist ein Allrounder wie er im Buche steht. Konzipiert für den Einsatz auf unbefestigten Wegen ist es aber längst nicht nur dort unterwegs. Das hat mehrere Gründe: Es ist völlig egal, ob man auf einer asphaltierten Straße unterwegs ist, auf einem Schotterweg oder mitten über eine Wiese fährt. Für das Mountainbike gibt es kein Gelände welches es nicht bezwingen kann. Ein stabiler Rahmen und die weiche Federung sorgen dafür, dass man auch querfeldein überall hinkommt.
Zudem ist man sehr bequem unterwegs, ein weiterer Grund, warum sich viele für ein Mountainbike entscheiden. Man sitzt deutlich aufrechter als auf einem Rennrad und doch ergonomisch günstiger als auf einem normalen Stadtfahrrad. Man kann ganz unabhängig von der Straße oder dem Radweg sportlich trainieren.
 

 
 

Die Entstehung des Mountainbikes begann in den 70 er Jahren

Als Geburtsstunde des Mountainbikes wird heute allgemein das Jahr 1973 angesehen. Eine Gruppe von Radsportlern um Gary Fisher, Joe Breeze und Charles Kelly nutzten die Schotterpisten des Mount Tamalpais in Marin County (Kalifornien) um mit ihrem Rädern den Berg hinab zu rasen. Damals noch mit schweren Cruisern des Herstellers Schwinn, die alles andere als Sportfahrräder waren. Die Schwinn Cruiser waren stabil gebaut und hatten dicke Ballonreifen auf 26-Zoll-Felgen, womit sie für die schnellen Abfahrten über die Schotterpisten des Mount Tamalpais weit besser geeignet waren als die leichten Rennräder, die damals die einzigen Fahrräder für sportliche Zwecke darstellten.
 
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Die Cruiser waren allerdings sehr schwere Fahrräder, die den Berg zwar gut hinunter, aber schlecht wieder hinauf zu fahren waren. Aus diesem Grund wurden sie von Gary Fisher, Joe Breeze und Charles Kelly nur für Abfahrten genutzt wurden. Die ersten Mountainbiker waren also reine Downhiller.
Die ersten regelmäßigen Mountainbike-Rennen gab es dann 1976 und sie wurden von den drei Pionieren der Mountainbike Geschichte am Mount Tamalpais ausgerichtet. Der Kurs war anspruchsvoll und stellte hohe Anforderungen an Fahrer und Material. Die Rücktrittsbremse war so hohe Belastungen ausgesetzt, dass das Fett qualmend aus der Nabe trat. Nach jeder Abfahrt mussten die Bremsen neu geschmiert werden (Englisch: to repack). Dieser Umstand gab dem Kurs den Namen „Repack“.
Diese Rennen gaben die Anregung für technische Modifikationen um sie attraktiver gestalten und bestreiten zu können. Sie stellen den Anfang der Entwicklung der heutigen Mountainbike-Technik dar, auf der Suche nach belastbaren Teilen bedienten sich die frühen Mountainbiker an Motorradteilen, wie etwa Lenkern und Bremsen.

Der Name „Mountainbike“ wird geboren – die Rahmengeometrie verbessert

Im Jahr 1977 hat Joe Breeze für Charles Kelly das erste „echte“ Mountainbike hergestellt. Hinsichtlich der Rahmengeometrie orientierte er sich noch stark an den Cruisern. Das Thema Gewichtsreduzierung nahm langsam Formen an. Die Rahmengeometrie war zunächst noch an den Schwinn Cruisern angelehnt, er verwendete jedoch dünnwandige Chrom-Molybdän-Rohre. Für eine bessere Stabilität brachte er Versteifungsrohre an, das Ergebnis waren Bikes die äußert robust und deutlich leichter als seine Vorgänger waren. Erst zwei Jahre später stieß Tom Ritchey zu der Gruppe dazu und fertigte weitere Rahmen an, zunächst in Eigenregie, später für Gary Fisher.
Ritcheys Rahmen unterschieden sich von den bisherigen Modellen durch eine tourentauglichere Geometrie, die sich auch für das Bergauf-Fahren eignete. Ein Kunde, der eins der Räder im Verkaufsraum entdeckte, bezeichnete das Bike als „Mountainbike“. Der Name war geboren. Tom Ritchey vertrieb die von ihm gebauten Räder fortan unter dem Markennamen „Ritchey-Mountainbike“. Gary Fisher und Charles Kelly übernahmen den Aufbau der von Ritchey gefertigten Rahmen zu vollständigen Mountainbikes und den Vertrieb dieser Fahrräder. Fisher war der erste, der eine moderne Gangschaltung an eines der alten Bikes baute. Er führte Daumenschaltung und den Schnellspanner am Sattel ein, welches eine große Hilfe für die Fahrer auf den Abfahrtstrecken darstellten. Die ersten Hersteller hierfür waren – außer Ritchey und SunTour – auch Shimano (Komponenten) und Specialized (Kompletträder).
Einige kleine Hersteller sind heute weitgehend wieder vom Markt verschwunden:

  • Tom Ritchey mit den zweiten (nach Joe Breezes „Breezer“) speziell für Mountainbikes gebauten Rahmen aus Stahlrohren. Mit dem Aufkommen der Aluminium-Rahmen verringerte er mit selbstentwickelten und vom japanischen Hersteller Tange produzierten Rohrsätzen das Gewicht seiner Stahlrahmen immer weiter.
  • Charles ‚Charlie‘ Cunningham, Mitbegründer und -eigentümer von Wilderness Trailbikes (WTB), mit einem der ersten Aluminium-MTB-Rahmen.
  • Keith Bontrager mit vielen Detaillösungen und Gabelkonstruktionen.

 
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Von einer Randsportgruppe zur globalen Industrie

Zunächst hielt sich die Begeisterung für das Mountainbiken noch in Grenzen. Es gab nur wenige die sich dafür begeistern konnten. Das änderte sich aber in den 80er Jahren, weltweit wurden die Mountainbikes populär. Um die Geländegänger weiter zu verbessern, wurde mit neuen Materialien experimentiert. Materialien wie Titan, Chrom und das heute weit verbreitete Aluminium wurden zum Grundmaterial der Fahrradrahmen, später auch Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (Carbon).
Die Ausstattungskomponenten wurden ebenfalls weiter entwickelt, vor allem von den japanischen Herstellern Shimano und SunTour mit Rasterschaltung, Lenker-Schalthebeln, ovalen Biospace-Kettenblättern und Cantilever-Bremsen. Das Mountainbike nahm in der globalen Industrie einen so großen Stellenwert ein, dass etablierte Fahrrad-Hersteller den neuen Fahrrad-Typ in ihre Produktion aufnahmen. Anfang der 1990er Jahre begannen die Hersteller ihre Fertigung nach Japan und kurze Zeit später nach Taiwan auszulagern. Mitte der 1990er hatten sich die taiwanesischen Hersteller soweit etabliert, dass sie unter eigenem Namen in den Markt traten und qualitativ hochwertige Rahmen und Komponenten zu vergleichsweise niedrigen Preisen anbieten konnten.
Besondere Ereignisse in der Übersicht:
1981: Der Hersteller Specialized bringt mit dem Modell „Stumpjumper“ das erste in Großserie produzierte Mountainbike auf den Markt.
1982: Der japanische Komponentenhersteller Shimano präsentiert unter dem Namen „Deore“ die erste vollständige Mountainbike-Komponentenserie.
1988: In Crans-Montana findet die erste Mountainbike-Weltmeisterschaft statt.
1990: Bei den ersten Meisterschaften in Durango. Colorado wird der Amerikaner Ned Overend erster offizieller Mountainbike-Weltmeister.
1990: Erste deutsche Meisterschaft in Kirchzarten im Schwarzwald.
1996: Bei den Olympischen Spielen in Atlanta wird Mountainbiking (Cross-Country) erstmals als olympische Disziplin ausgetragen. Olympiasieger werden der Niederländer Bart Brentjens und Paola Pezzo aus Italien.
1999: Die ersten World Games of Mountainbiking finden statt.
 
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Typische technische Merkmale nehmen Einfluss auf moderne Fahrräder aller Art

Die typischen Merkmale eines Mountainbikes sind breite, meist grobstollige Reifen. Damit soll dem unebenen Boden Rechnung getragen werden. Die ursprünglichen 26-Zoll Laufräder wurden aber zunehmend durch 27,5-Zoll und 29-Zoll verdrängt. Trotz des großen Raddurchmessers sind die Rahmengrößen verhältnismäßig niedrig. Dabei wird berücksichtigt. dass Mountainbiker kaum lange Strecken zurücklegen, aber gerade für die Bergauf-Strecken sehr viel Kraft benötigen. Typisch sind vor allem Kettenschaltungen, die mit meist 21 bis 30 Gängen versehen sind. Damit können die Fahrer auf die unterschiedlichen Steigungen differenzierter reagieren. Vereinzelt sind Nabenschaltungen mit breiter Entfaltung anzutreffen. Der Rahmen wird aus Gewichtsgründen gerne aus Aluminium gefertigt. Um die Kräfte gut aufnehmen zu können werden diese Rahmen meistens etwas voluminöser als bei normalen Fahrrädern hergestellt.
Mittlerweile nimmt das Mountainbike Einfluss auf moderne Fahrräder aller Art. Viele Bauteile, die ursprünglich für den Mountainbike-Sport entwickelt oder dort weiterentwickelt wurden finden sich in Fahrradgattungen aller Art wieder. Insbesondere V-Bremsen, Scheibenbremsen, Federgabeln, Hinterbaufederungen und Nabenschaltungen. Die aus dem Motocross bekannten Federgabeln setzten sich zuerst bei den extremen Downhillfahrern durch. Heute gehört im Downhill- und Freeridebereich auch eine Hinterbaufederung zum Standard.
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Im zweiten Teil geht es weiter mit den Mountainbike-Disziplinen im Überblick: Cross-Country, Downhill, Uphill und Four Cross/ 4X