Luftdruck beim Mountainbike – Was es zu beachten gilt, um gut durchs Gelände zu kommen.

Mountainbikes bieten viele Bauteile, um sicher und mit guter Laune Outdoor unterwegs zu sein. Manche sind präzise eingestellt, manche lassen sich individuell anpassen und optimieren. Für den Reifendruck reicht schon eine handelsübliche Luftpumpe und doch sollte dieses Thema nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Im Folgenden wird erläutert, welche Rolle der Luftdruck beim Mountainbike spielt und was es zu beachten gilt.

Grundsätzliches zum Reifen

Da die Reifen als einziges Bauteil den Bodenkontakt halten, sind sie im Letzten für Vortrieb, Fahrkontrolle und Sicherheit verantwortlich. Was nützt die beste Schaltung, jedoch die Kraft nicht korrekt auf die Piste gebracht wird? Was bringt die griffigste Bremsanlage, wenn die Reifen den Bodenkontakt verlieren? 

Daher spielt neben der Profiltiefe und der Reifenbreite in besonderem Maße der Luftdruck eine entscheidende Rolle, wenn es um Fahrverhalten und Kontrolle geht!

Gibt es einen Richtwert für den Luftdruck beim MTB-Reifen?

Autofahrer kennen es: An der Innenseite der Fahrertür steht eine kurze Tabelle mit Angaben zum passenden Reifendruck bei entsprechender Beladung. die meisten Fahrradreifen bieten eine Luftdruckangabe an der Außenseite des Reifens zur Orientierung. Dennoch sollte im Mountainbike-Bereich von starren Richtwerten Abstand genommen werden! Zu sehr beeinflussen das Systemgewicht, das Fahrverhalten und die Fahrstrecke die Suche nach dem optimalen Reifendruck.
Vielmehr gilt es, die grundsätzlichen Wirkweisen beim Luftdruck zu kennen, um daraus Richtlinien für den Luftdruck beim Mountainbike ableiten zu können. So kann der ideale Reifendruck schnell gefunden werden, damit dem perfekten Outdoor-Erlebnis nichts im Wege steht!

Tubeless oder Reifen mit Schlauch – Einfluss auf den Reifendruck

Mittlerweile gibt es etliche Reifen im MTB-Bereich, die ohne Schlauch auskommen. Dies hat bereits Einfluss auf die Wahl des Reifendrucks. Zwar gestaltet sich eine mögliche Reparatur bei Tubeless-Reifen unter Umständen aufwendiger, dennoch kommen sie mit etwas weniger Reifendruck aus. Da kein Schlauch in der Felge sitzt, der vor Durchschlag geschützt werden muss, kann als Richtlinie festgehalten werden:

  • Tubeless fährt in der Regel mit 0,1 – 0,2 bar (1,45 – 2,9 Psi) weniger als Reifen mit Schlauch

Wo soll es langgehen? Reifendruck und Untergrund

Nicht zwangsläufig muss es für das Mountainbike nur durch das Gelände gehen. Daher gilt es auch beim Mountainbike die Grundregel:

  • Auf Asphalt fahren auch MTB-Reifen mit höherem Reifendruck besser (weniger Rollreibung).

Doch schon bei Schotter kehrt sich dieser Effekt um und ein hoher Reifendruck erhöht den Rollwiderstand!

Warum im Gelände ein geringerer Reifendruck besser ist?

Reifen rollen nicht einfach nur geradeaus. Je unebener eine Fahrbahn wird, umso bedeutsamer werden die Auf- und Abbewegungen, die bereits kleine Hindernisse wie Kiesel oder Schotter erzeugen.

Rollwiderstand

Ein hoher Luftdruck erzeugt harte Reifen, die jede Unebenheit nach oben weiterreichen. Dabei wird jedoch das komplette System angehoben, um selbst das kleinste Hindernis zu überfahren. Das fühlt sich nicht nur holperig an und ist unangenehm, es kostet auch richtig Energie und mindert den Vortrieb.
Reduziert sich jedoch der Reifeninnendruck, werden die Reifen flexibler und können Unebenheiten einfacher aufnehmen. Statt das Fahrrad als Ganzes nach oben zu bewegen, verformen sich die Reifen ein wenig und schlucken die Erhöhungen, die Schotter, Wurzeln o. ä. darstellen. Das spart Energie und verringert den Rollwiderstand spürbar. In gewissem Sinne wirken Reifen mit geringerem Luftdruck also federnd, was sich auch auf den Fahrkomfort auswirkt!

Grip

Während ein hoher Luftdruck auf glatten Fahrbahnen die Kontaktfläche für eine geringe Rollreibung reduziert, ist im Gelände ein guter Bodenkontakt unerlässlich. Schnelle Richtungswechsel und intensives Bremsverhalten bedürfen einer möglichst breiten Kontaktfläche, um die Fahrwirkungen und das Fahrverhalten optimal zu übertragen.
Verringert sich also der Reifendruck, verfügen Reifen automatisch über eine größere Auflagefläche. Das verbessert beim Fahren den Halt und sorgt für eine gesteigerte Bodenhaftung!

Vor- und Nachteile von niedrigem Reifendruck beim Mountainbike

Für Geländefahrten erweist sich also die Reduktion des Reifendrucks als ein gutes Mittel, um Fahrkontrolle und Fahrkomfort zu verbessern. Da sich mit niedrigem Luftdruck die Auflagefläche des Reifens vergrößert, bietet er eine bessere Traktion und erhöht damit die Sicherheit. Der Rollwiderstand reduziert sich und mehr Antrittspower kommt dem Vortrieb zu Gute.
Dennoch lässt sich diese Wirkung nur bis zu einem gewissen Punkt ausreizten, da ein zu geringer Reifendruck auch Gefahren birgt!

Stabilität auf der Felge und Kurvenfahrverhalten

Da ein niedriger Reifendruck die Elastizität des Reifens mehr zur Geltung bringt und Hindernisse einfach „weggeschluckt“ werden können, wirkt sich dies auch auf die Seitenstabilität des Reifens aus. Daher sollte der Reifendruck nicht zu gering angesetzt werden, da ein schwammiges Fahrgefühl entsteht und der Reifen bei Kurvenfahrten über die Felge abknicken kann. Im schlimmsten Falle kann der Mantel wegen der einwirkenden Kräfte in der Kurve ganz von der Felge rutschen!
In jedem Falle erhöht ein Verringern des Luftdrucks auch die Seitenbeweglichkeit des Reifens, was sich ab einem gewissen Punkt nachteilig auf das Fahrverhalten auswirkt. Zwar spielt an dieser Stelle auch die Breite der Felge eine Rolle, dennoch sollte der Reifendruck nicht so stark verringert werden, dass die Reifen beim Fahren anfangen zu schwimmen. Ein zu geringer Reifendruck kann damit Stürze und Verletzungen zur Folge haben kann!

Durchschlagschutz

Gummireifen bei Fahrrädern wurden entwickelt, um die Stöße von Bodenunebenheiten abzumildern. Der Luftdruck im Reifen soll wiederum davor schützen, dass Hindernisse auf die Felge einwirken. Je niedriger der Reifendruck demzufolge also ist, desto eher können Unebenheiten direkt auf den Schlauch oder die Felge durchschlagen, wenn der Reifen zu stark komprimiert wird. Bei Reifen mit Schlauch kann dies zum sogenannten Schlangenbiss führen. Dann hat man plötzlich zwei Löcher, weil der Schlauch an die beiden Kanten der Felge gequetscht wurde. Ein Schlangenbiss ist jedoch nicht nur ärgerlich, sondern schwer zu reparieren, weil ein Flicken meist nicht auf die beiden Löcher passt und zwei Flicken jedoch nur schwer nebeneinander Platz finden. Auch bei Tubeless-Reifen kann eine Panne die Folge sein, sollte der Mantel auf die Felge durchschlagen. In jedem Fall wird Felge davon in Mitleidenschaft gezogen und kann Macken davon tragen, im schlimmsten Fall sogar brechen.
Ein gewisses Maß an Luftdruck im Reifen sichert daher den Durchschlagschutz, sodass der Reifendruck beim Mountainbike auch nicht zu stark reduziert werden sollte.

Besonderheiten beim Fatbike

An sich hat ein Mountainbike bereits einen großen Differenzbereich zwischen Felgen- und Reifenbreite. Da diese Differenz bei einem Fatbike mit den typischen Ballonreifen noch einmal erhöht ist, gelten für ein Fatbike andere Maßstäbe. Ein Reifendruck, der bei einem normalen MTB bereits zum Schwimmen und Durchschlagen der Reifen führen würde, kann durch das große Volumen des Reifens beim Fatbike durchaus möglich bleiben. Bei einem Fatbike kann daher der Reifendruck viel niedriger abgesenkt werden, ohne ein instabiles Fahrverhalten zu riskieren. Das macht sogar Reifendrucke von unter einem Bar (14,5 Psi) möglich!

Wie findet man beim Mountainbike den idealen Reifendruck?

Leider gibt es, wie bereits beschrieben, beim MTB Luftdruck keinen Richtwert, um das ideale Balance zwischen hoppelnden und schwimmenden Reifen zu bestimmen. Der Reifendruck muss beim Mountainbike immer wieder individuell ermittelt werden, da das Fahrverhalten, die Strecke und das Systemgewicht eine zu große Rolle beim Mountainbike Reifendruck spielen.

So macht es bereits einen Unterschied, ob ein und dieselbe Strecke mit Gepäck oder im Rahmen einer Trainingsrunde ohne Ballast befahren wird. Je höher das Systemgewicht (Körpergewicht + Bekleidung + Zuladung) ausfällt, desto höherer Reifendruck wird benötigt, um mitunter dasselbe Fahrgefühl zu erzeugen.

Testen und Nachjustieren – der Weg zum passenden MTB Luftdruck

Es ist daher ratsam, einen Teil einer Strecke mit dem üblichen Gesamtgewicht zu befahren und dabei mit einem hohen Reifendruck von max. 2,4 Bar (34,8 Psi) bei Tubeless-Reifen und 2,6 Bar (37,7 Psi) zu beginnen. Bei dieser Probefahrt geht es weniger darum, das Maximale aus einer Piste herauszuholen, sondern genau auf das Fahrgefühl zu achten. Ausschlaggebende Leitfragen dabei sind:

  • Wie werden Hindernisse wie Steine oder Wurzeln überfahren?
  • Welcher Grip ergibt sich bei Lenkmanövern?
  • Wie hart fühlt sich das MTB an?

Nach dieser Proberunde wird der Reifendruck beispielsweise um ca. 0,2 Bar (2,9 Psi) abgesenkt und derselbe Streckenabschnitt noch einmal befahren. Wieder stehen das Fahrgefühl und die Kontrolle im Vordergrund.
Dieses Prozedere wird solange wiederholt, bis sich das Fahrgefühl nicht mehr verbessert. Ein weiteres Senken des Luftdrucks würde zulasten der Fahrkontrolle und Sicherheit gehen! Mit dieser allmählichen Reduktion des Reifendrucks bis zu den Punkt, an dem keine Verbesserung des Fahrverhaltens eintritt, lässt sich der optimale Reifendruck für diese konkrete Situation ohne großen Aufwand ermitteln.

Erfahrung ist alles!

Wer bereits über viel Erfahrung beim Justieren des Reifendrucks hat, kann gleich zu Beginn mit weniger Luftdruck beginnen. Allerdings fallen die Unterschiede dabei nicht mehr so gravierend auf, sodass der Punkt, der nicht mehr zur Verbesserung des Fahrgefühls führt, leicht überschritten werden kann! Daher ist auch der Reifendruck eine reine Erfahrungssache, die sich nur durch immer neues Probieren wirklich gut einpendeln lässt.
Luftdruckmessgeräte
Zwar reichen handelsübliche Luftpumpen aus, um den Luftdruck beim Fahrrad anzupassen. Da jedoch eine detailgenaue Bestimmung damit nicht möglich ist, empfiehlt es sich zur genaueren Bestimmung einen Reifendruckmesser bzw. ein Luftdruckmesser zu benutzen.
Wenn nämlich der ideale Luftdruck für das MTB gefunden ist, kann noch eine letzte Feinabstimmung vorgenommen werden!

Feinjustierung

Da die Gewichtsverteilung so ausfällt, dass 40 % des Gewichtes auf die Vorderachse und 60 % auf die Hinterachse übertragen werden, kann dies auch auf den Reifendruck angewendet werden! Somit kann der Vorderreifen mit 0,1 Bar (1,5 Psi) weniger befüllt werden als der Hinterreifen und schon ist die Anpassung beim Reifendruck fürs Mountainbike abgeschlossen.

Fazit

Auch wenn es auf den ersten Blick mühselig erscheint, den Luftdruck beim Mountainbike immer wieder neu einzustellen, so stellt dieses Tuningelement eine wirksame Grundanpassung dar. Wer beim Reifendruck genau hinschaut, kann viel Fahrfreude, Sicherheit und Kontrolle gewinnen!